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Die Lebensversicherer in Deutschland im kritischen Überblick

Geschrieben von: 
Björn Kotzan
Kategorie: 
Veröffentlicht am: 
2. August 2019

Der beliebte Altersvorsorgeklassiker wirft immer weniger Rendite ab und der Garantiezins und die Überschussbeteiligungen sinken unaufhörlich. Da drängt sich die Frage auf, ob die Branche noch zu retten ist. Ja! Wir stellen Ihnen in unserem Beitrag vor, wie es gerade für die Top 5 der Lebensversicherungsbranche läuft. Außerdem geben wir Ihnen einen Gesamtüberblick über die Branche und wir sagen Ihnen, woran Sie eine optimale Lebensversicherung ausmachen können beziehungsweise welche Optionen Sie haben, wenn Sie unzufrieden mit Ihrem Vertrag sind.

Wie ist denn nun der Stand der Produkte im Bereich Lebensversicherung? Der deutsche Lebensversicherungsmarkt zählt derzeit 85 Anbieter. Die Allianz ist mit Abstand der erfolgreichste Player am Markt.

2016 gab es etwa 85 Millionen Verträge, die sich wie folgt auf die einzelnen Versicherungsarten verteilen:

48,3 % Rentenversicherung

36,9 % Kapitallebensversicherung

14,8 % Risikolebensversicherung

Das Interesse an den einzelnen Formen der Lebensversicherung hat sich allein in den letzten gut fünfzehn Jahren stark verschoben. Zum Vergleich: 2000 gab es insgesamt 87,6 Millionen Policen, die sich wie folgt verteilen:

12,0 % Rentenversicherung

72,0 % Kapitallebensversicherung

16,0 % Risikolebensversicherung

Während also die private Rentenvorsorge immer wichtiger wurde, hat das Interesse an Kapitallebensversicherungen stark nachgelassen.

Wegen der niedrigen Zinsen fällt es den LV-Anbietern immer schwerer, die hohen garantierten Zinsen von bis zu 4 Prozent und mehr an den Kapitalmärkten zu erwirtschaften. Viele Versicherer sind inzwischen im Neugeschäft auf Verträge ohne Garantiezins wie fondsgebundenen Lebensversicherungen ausgewichen. Hier erhält der Versicherte als garantierte Leistung zwar nur die eingezahlten Beiträge zurück, er hat aber auch die Chance auf eine etwas höhere Rendite. Oder aber die Versicherer veräußern ihre LV-Sparte gleich ganz an professionelle Händler auf dem Zweitmarkt, die viele Verträge in ihrem Bestand bündeln und mit geringen Verwaltungskosten punkten können.

Als Folge der Mini-Zinsen am Kapitalmarkt sinken auch die Garantiezinse (seit 2017: 0,9 %) und die Überschussbeteiligungen, die die Versicherer ihren Mitgliedern zusätzlich je nach Geschäftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie gewähren. Obwohl die Überschussbeteiligungen nicht mehr so stark fallen, sinken sie dennoch kontinuierlich, aktuell um durchschnittlich rund 0,3 Prozentpunkte pro Jahr. Zahlreiche LV-Anbieter haben es aber 2018 sogar geschafft, ihre Überschussbeteiligungen konstant zu halten, unter ihnen auch der Marktführer Allianz.

Die folgende Übersicht der zehn stärksten deutschen Lebensversicherer zeigt das große Gefälle in diesem Marktsegment. Die Allianz hält doppelt so viele Verträge wie der zweitplatzierte Lebensversicherer AachenMünchener.

LV-AnbieterAnzahl VerträgeÜberschussbeteiligung2017Überschussbeteiligung 2018
Allianz10.546.8032,8 %2,8 %
AachenMünchener5.112.5672,6 %2,3 %
Ergo4.892.4732,25 %2,05 %
R+V4.257.8822,7 %2,6 %
Generali4.248.9261,75 %1,25 %
Debeka3.385.1162,75 %2,5 %
Zurich3.245.4512,1 %2,1 %
Axa2.838.1992,9 %2,9 %
Nürnberger2.684.0412,75 %2,5 %
Württembergische2.126.1042,4 %2,4 %

Die Lebensversicherer in Deutschland im kritischen Überblick

Hier stellen wir Ihnen die Top 5 der Lebensversicherungsbranche vor:

Marktführer Allianz

Die Allianz nimmt eine unangefochtene Spitzenposition ein. Sie brilliert insbesondere im betriebswirtschaftlichen Bereich. So gilt die Allianz als finanziell äußerst stabil. Laut eigenen Aussagen hätten Sie ihr Geschäftsmodell rechtzeitig umgebaut, sodass auch die anhaltend niedrigen Zinsen dem Unternehmen auf Jahre hinaus nichts anhaben können. Die Folge: Bis auf den Marktführer Allianz wollen im Prinzip alle Konzerne ihre Bestände nur noch loswerden.

Im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern ist das Beitragsvolumen bei der Allianz In den vergangenen zehn Jahren um ein Viertel auf über 21 Milliarden Euro gestiegen. Ebenso gestiegen ist der Marktanteil von 16 auf mehr als 21 Prozent.

Stabile AachenMünchener

Der zweitgrößte deutsche Lebensversicherer AachenMünchener ist der Lebensversicherungs-Spezialist innerhalb der Generali in Deutschland. Im Gegensatz zur Generali Leben, die ihr Neugeschäft 2018 einstellen (s. u.), hat die AachenMünchener ihr Portfolio rechtzeitig auf Biometrie- und Fondspolicen umgestellt. Weil die Versicherungsunternehmen hier weniger Rücklagen bilden müssen und freier in der Anlagestrategie sind, sind sie vor dem Niedrigzins gewappnet.

Aufsteiger Ergo

Das einstige Sorgenkind Ergo konnte im vergangenen Jahr einen deutlichen Gewinn gegenüber dem Vorjahr verbuchen – insbesondere in der Sparte Leben. Für Aufsehen sorgte 2017 die Ankündigung, man wolle seinen Bestand an Lebensversicherungen vollständig verkaufen. Nach der harschen Kritik sowohl durch Beschäftigte, die um ihren Job bangen, aber auch durch Mitbewerber und Branchenexperten, die sich um die Reputation und das Vertrauen in die Branche sorgen, entschied Ergo, die Policen zu behalten und doch selbst abzuwickeln. Ein Grund war sicherlich auch die zu niedrigen Angebote.

Ergo hatte schon seit Längerem das Neugeschäft mit klassischen Lebensversicherungen eingestellt, weil die hohen Garantiezinsen für Altverträge schwer zu erwirtschaften sind und die notwendigen Rückstellungen das Unternehmen belasten. Der Versicherer möchte aber nicht aus der Lebensversicherung aussteigen, sondern zukünftig neuartige Lebensversicherungen verkaufen und ihre Verwaltung technisch modernisieren, um Kosten einzusparen. Geplant, aber nicht sicher, ist die Einführung einer neuen Abwicklungsplattform, die auch von anderen Lebensversicherern genutzt werden kann, um sich von ihren Beständen zu trennen.

Gewinner R+V

Trotz der schwierigen Marktlage hat die R+V die Beitragseinnahmen der Sparte Leben und Rente 2017 um 1,9 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro steigern können. Davon fielen über 1,4 Milliarden Euro auf die betriebliche Altersversorgung und ca. 969 Millionen Euro auf den Neubeitrag in der fondsgebundenen Lebensversicherung, was eine Steigerung von fast 50 Prozent bedeutet.

Aussteiger Generali

Aktuell gibt es unter den Lebensversicherern einige Opfer der Zinsflaute zu verzeichnen. Die Generali Leben, ohnehin schon mit magerer Überschussbeteiligung verspricht ihren Kunden für 2018 eine nochmals geringere Überschussbeteiligung von 1,25 Prozent. Der Versicherer hat seine Konsequenzen daraus gezogen und angekündigt sein Neugeschäft im Frühjahr einzustellen. An dieser Stelle spart er sich das teure Werben um Neuverträge mittels attraktiven Zinsen. Generali lässt noch offen ist, ob sie die Lebensversicherungen in ihrem Bestand verkaufen werden.

Hilfe bei der Wahl des besten LV-Anbieters

Einen stabilen und zukunftssicheren Lebensversicherer erkennen Sie zum Beispiel daran, dass er seine Überschussbeteiligung, wie es aktuell Allianz, Zurich, Axa und Württembergische gelang, konstant hält. Da man meist auf Jahrzehnte gebunden ist, sollte man sich seinen Versicherer bestens auswählen, bevor man die Police unterschreibt. Die Niedrigzinsen stellen die Lebensversicherer auf eine harte Probe. Zwar liegt der Garantiezins für Neuverträge seit 2017 nur bei 0,9 Prozent, jedoch benötigen die vielen Altverträge mit garantierten Zinsen von 2,75 bis 4,0 Prozent eine Menge Kapital und Rücklagen.

Einen guten Anhaltspunkt für die Qualität der einzelnen Lebensversicherer bieten die jährlichen DFSI-Ratings.

Kündigen, beitragsfrei stellen oder verkaufen? – Ihre Optionen im Überblick

Fakt ist, dass etwa die Hälfte der abgeschlossenen Lebensversicherungen vorzeitig gekündigt werden. In der Praxis ist auch von Fällen die Rede, dass manche Versicherer versuchen, ihre Mitglieder zu einer Kündigung zu drängen, um ihre Ausgaben zu entlasten. Gerade Versicherte mit alten Verträgen aus den 1990er und 2000er Jahren mit hohen Garantiezinsen sollten sich jedoch darüber im Klaren sein, dass ihr garantierter Zins angesichts der aktuellen Zinssituation vergleichsweise attraktiv ist und vor einer Kündigung andere Optionen abwägen. In erster Linie lohnt es sich also durchzuhalten.

Während Sie bei einer Kündigung der Lebensversicherung lediglich einen Rückkaufswert erhalten, der bei bislang kurzer Laufzeit und aufgrund der hohen Verwaltungskosten und Abschlusskosten, häufig unter dem Gesamtwert der bislang eingezahlten Beiträge liegen kann, bringt ein Verkauf auf dem Zweitmarkt oder die Beitragsfreistellung in aller Regel mehr Geld ein.

Angesichts der geringeren Gewinnbeteiligungen der letzten Jahre oder aufgrund akuter finanzieller Engpässe entschließen sich immer mehr Versicherte, ihre Lebensversicherung auf Eis zu legen. Fast jeder dritte Vertrag in Deutschland ist beitragsfrei was bedeutet, dass der Versicherte keine Beiträge mehr einzahlt, sondern auf das Vertragsende wartet und Überschussbeteiligungen und Schlussüberschüsse mitnimmt.

Eine recht neue Möglichkeit für Versicherte ist der Verkauf ihrer Lebensversicherung. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Anbietern, die ganz unterschiedliche Lebensversicherungen in ihrem Bestand bündeln, und einen meist um etwa 5 Prozent höheren Betrag als den Rückkaufswert zahlen. Ein weiterer Vorteil für den Versicherten: Handelt es sich um eine Kapitallebensversicherung mit Risikoanteil, bleibt diese auch nach dem Verkauf erhalten und der Hinterbliebenenschutz geht nicht verloren.