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Durchschnittliche Erwerbsminderungsrente unter 720 Euro

Geschrieben von: 
Björn Kotzan
Kategorie: 
Veröffentlicht am: 
2. August 2019

Etwa 170.000 Menschen in Deutschland müssen jedes Jahr aus gesundheitlichen Gründen ihren Job vor dem Erreichen des regulären Rentenalters aufgeben. In Folge eines schweren Unfalls, einer ernsthaften Erkrankung oder bereits mit dem Auftreten von Allergien können viele Menschen nur noch stark eingeschränkt oder gar nicht mehr am Arbeitsleben teilnehmen. Erfüllen Sie bestimmte Voraussetzungen, erhalten Sie aus Ihrer Rentenversicherung finanzielle Hilfen in Form der Erwerbsminderungsrente. Laut der Deutschen Rentenversicherung (DRV) lag die Durchschnittshöhe beim erstmaligen Bezug der Erwerbsminderungsrente 2017 bei 716 Euro. Wir informieren Sie hier über aktuelle Zahlen zur Erwerbsminderungsrente, den Voraussetzungen zum Erhalt, der Höhe und den privaten Alternativen wie der Erwerbsunfähigkeitsversicherung und der Berufsunfähigkeitsversicherung.

Durchschnittliche Erwerbsminderungsrente unter 720 Euro

Die Erwerbsminderungsrente ist eine finanzielle Absicherung, die dann eintritt, wenn Sie gar nicht mehr oder nur noch stundenweise arbeiten können. Sie können die Erwerbsminderungsrente in voller Höhe oder anteilig erhalten. Der Anspruch richtet sich unter anderem nach dem Grad der Berufsunfähigkeit.

Die Grade der Berufsunfähigkeit:

  • Wer trotz der Einschränkung mindestens 6 Stundentäglich arbeiten kann – auch in einem anderen Beruf – hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente
  • Wer zwischen 3 und unter 6 Stundentäglich arbeiten kann, hat Anspruch auf eine anteilige Erwerbsminderungsrente
  • Wer weniger als 3 Stunden täglich arbeiten kann, hat vollenAnspruch auf Erwerbsminderungsrente

Erwerbsminderungsrente – die Zahlen im Überblick

In Deutschland erhalten aktuell etwa 1,8 Millionen Menschen eine Erwerbsminderungsrente. Letztes Jahr erhielten laut der DRV etwa gleich viel Männer (82.055) und Frauen (83.583) erstmalig eine gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung. Die durchschnittliche Rentenhöhe liegt bei monatlichen 716 Euro. Hierbei lassen sich Unterschiede zwischen Männern und Frauen sowie zwischen West- und Ostdeutschland feststellen.

So erhielten im Durchschnitt:

Männer: 736 Euro
Frauen: 695 Euro

Neurentner in Westdeutschland: 712 Euro (Männer 748 Euro / Frauen 677 Euro)
Neurentner in Ostdeutschland: 731 Euro (Männer 691 Euro / Frauen 773 Euro)

Wer hat Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente?

Anspruch auf Erwerbsminderungsrente hat zunächst jeder, der aufgrund einer Krankheit oder Behinderung überhaupt nicht mehr oder nur weniger als sechs Stunden am Tag arbeiten kann. Seit 2001 ist geregelt, dass es zumutbar ist, in einem anderen Beruf zu arbeiten. Wenn also der Versicherte in einem anderen Beruf sechs Stunden arbeiten kann, erlischt der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Neben dieser festgestellten eingeschränkten Erwerbstätigkeit müssen weitere Kriterien erfüllt sein.

So muss der Antragsteller vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens die allgemeine fünfjährige Wartezeitin der gesetzlichen Rentenversicherung vorweisen. Das heißt, er muss mindestens fünf Jahre dort versichert gewesen sein. Der Gesetzgeber erkennt als Beitragszeiten unter bestimmten Voraussetzungen auch Zeiträume an, in denen die Betroffenen Krankengeld, Arbeitslosengeld, Übergangsgeld etc. bezogen haben. Ebenso werden üblicherweise auch Schwangerschaften und Zeit für Kindererziehung und der nicht erwerbsmäßigen häuslichen Pflege anerkannt.

Ein drittes Kriterium für den Erhalt der Erwerbsminderungsrente ist, dass der Antragsteller in den letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung vorweisen kann.

Ausnahmen für die vorzeitige Erfüllung der Wartezeit und Pflichtbeiträge sind möglich, wenn die Erwerbsminderung durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit bedingt ist. Darüber hinaus gibt es Sonderregelungen, um auch Berufsanfänger abzusichern. Wer beispielsweise vor Ablauf der ersten sechs Jahre nach Ausbildungsende einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellt, hat gute Chancen, wenn er in den letzten zwei Jahren mindestens zwölf Monate Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung vorweisen kann.

Wie wird die Erwerbsminderungsrente berechnet?

Die Höhe der Erwerbsminderungsrente richtet sich nach verschiedenen Faktoren und wird individuell berechnet. Zum einen werden analog zur Berechnung der Altersrente die Summe der Versicherungsjahre in der Rentenversicherung und die persönlichen Entgeltpunkte herangezogen. Die Rentenversicherungsträger informieren regelmäßig über die Höhe der zu erwartenden Rentenleistungen in der jährlichen Renteninformation.

Als Richtwert lässt sich sagen, dass die Erwerbsminderungsrente nur bei knapp einem Drittel des letzten Bruttogehaltsliegt. Zudem wird die Höhe der ausgezahlten Erwerbsminderungsrente halbiert, wenn der Antragsteller zum Beispiel noch drei bis sechs Stunden pro Tag arbeiten kann und nur ein anteiliger Anspruch besteht.

Die Auszahlung erfolgt in der Regel als Zeitrente, die erneut beantragt werden muss. Ist der Antragsteller allerdings älter als 58 Jahre beim erstmaligen Bezug, erhält er eine sogenannte Dauerrente, ohne die Pflicht, diese erneut beantragen zu müssen.

Angesichts der niedrigen Beträge aus der Erwerbsminderungsrente hat der Gesetzgeber bereits reagiert und die sogenannten Zurechnungszeiten zugunsten der Antragsteller verändert. Seit 2014 sind Empfänger von Erwerbsminderungsrenten in jedem Falle so gestellt, als hätten sie bis zum 62. Lebensjahr (davor 60) Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt. Dementsprechend orientierte sich die Höhe der Erwerbsminderungsrente nach der Altersrente, die der Antragsteller erhalten würde, wenn er noch bis zum vollendeten 62. Lebensjahr mit seinem bisherigen durchschnittlichen Einkommen gearbeitet hätte. Zukünftig wird die Zurechnungszeit für alle, die erstmalig einen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente haben, schrittweise bis 2024 um drei Jahre auf das vollendete 65 Lebensjahr verlängert.

Die Erwerbsminderungsrente wird nach etwa einem halben Jahr nach Eintritt der Erwerbsminderung ausgezahlt. Bis dahin erhalten die meisten Betroffenen Krankengeld oder andere Leistungen zur Überbrückung. Nicht selten reicht die Erwerbsminderungsrente nicht zum Leben aus. In diesem Fall kann ein Antrag auf zusätzliche Grundsicherung im Alter gestellt werden.

Die private Alternative: Erwerbsunfähigkeitsversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung

Empfänger von Erwerbsminderungsrenten haben die Möglichkeit, sich bis zu einem bestimmten Betrag abzugsfrei oder darüber mit Abzügen etwas dazuzuverdienen. So beträgt die Hinzuverdienstgrenze bei voller Erwerbsminderung aktuell 450 Euro monatlich. Dabei ist sogar ein zweimaliges Überschreiten bis maximal 900 Euro je Kalendermonat erlaubt.

Dennoch ist der Umstieg auf die Erwerbsminderungsrente meist mit größeren finanziellen Einbußen verbunden. Um sich zusätzlich zur gesetzlichen Leistung abzusichern, sollte jeder Versicherte prüfen, ob ein privater Versicherungsschutz in Frage kommt – auch um die Versorgungslücke zu schließen. In Frage kommt hier der Abschluss einer privaten Erwerbsunfähigkeitsversicherung oder Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese werden individuell mit Ihrem Versicherer vereinbart, also die Höhe der monatlichen Beträge und die Auszahlweise (monatliche private Rente oder Einmalzahlung) festgelegt.

Sind Sie unsicher, welchen Betrag Sie „im Fall der Fälle“ mit der privaten Vorsorge brauchen und abdecken wollen, finden Sie bei unabhängigen Versicherungsexperten wie KVoptimal.de unkomplizierte und fachlich-kompetente Hilfe auf der Basis jahrzehntelanger Erfahrung. Wir beraten Sie zum Beispiel auch, wenn Ihre Beiträge zu Ihrer privaten Krankenversicherung gestiegen sind und Sie Möglichkeiten suchen, diese weiterhin bezahlbar zu gestalten. Ein interner PKV-Tarifwechsel ist hier eine bewährte Möglichkeit, monatlich spürbar Geld einzusparen.

Fazit

Wer durch Krankheit oder Unfall ganz aus dem Arbeitsleben ausscheiden muss oder nur noch eingeschränkt erwerbsfähig ist, erhält unter bestimmten Voraussetzungen aus seiner gesetzlichen Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente. Diese orientiert sich wie bei der Altersrente vorrangig an Beitragsjahren, Rentenpunkten, fällt aber wesentlich geringer aus. Der Gesetzgeber wirkt mit großzügigeren Zurechnungszeiten bereits dagegen, aber die Versicherten sollten in jedem Falle prüfen, wie groß die Versorgungslücke ist und ob sich der zusätzliche Abschluss einer privaten Erwerbsunfähigkeitsversicherung oder Berufsunfähigkeitsversicherung lohnt.