Grundsätzlich wird bei einer Erbschaft das gesamte Vermögen des Erblassers herangezogen. Dazu gehört auch das Kapital einer Lebensversicherung. Davon ausgenommen sind Verträge, in denen Begünstigte genannt sind. In unserem Ratgeber erklären wir Ihnen, was Sie bei einer Lebensversicherung im Zusammenhang mit dem Erbe und bei einer Erbschaft beachten müssen.
Bei einer Lebensversicherung gibt es drei Parteien:
Grundsätzlich geht die Auszahlung der Lebensversicherung an den Bezugsberechtigten. Diese Person kann namentlich genannt sein oder auch in Form ihrer Beziehung zum Versicherungsnehmer bspw. „der Ehepartner“.
Wurde im Versicherungsschein kein Bezugsrecht hinterlegt, so fällt die Lebensversicherung bei dessen Tod unter den Nachlass des Versicherungsnehmers. Folglich wird die Auszahlung im Rahmen der Erbschaft an die gesetzlichen oder testamentarisch festgelegten Erben vergeben. Problematisch dabei ist, dass erst geklärt werden muss, ob die gesetzliche Erbfolge gilt oder per Testament eine andere festgelegt wurde. Dies kann viel Zeit in Anspruch nehmen, wodurch sich die Auszahlung der Lebensversicherung verzögert.
Stirbt ein Begünstigter vor der versicherten Person, kann ein neues Bezugsrecht hinterlegt werden.
Wird dies versäumt, haben die Nachlassgläubiger in vollem Umfang Zugriff auf die Versicherungsleistung. Das Kapital der Lebensversicherung fällt somit unter die Erbschaft des Versicherungsnehmers.
Beispiel
Die Höhe der Auszahlung einer Lebensversicherung wird bei Vertragsabschluss festgelegt. Die Summe kann über die gesamte Laufzeit hinweg gleich bleiben oder fallen. Letzteres ist sinnvoll, um Kreditschulden abzusichern. Mit der Rückzahlung der Raten sinkt der Bedarf und damit auch die Höhe der Todesfallleistung.
Bei Tod des Versicherten erhalten die Hinterbliebenen die garantierte Versicherungssumme sowie etwaige Überschussbeteiligungen ausbezahlt. Die Höhe lässt sich dem Versicherungsschein entnehmen. Eine Mitteilung zum Stand der Überschussbeteiligung wird dem Versicherungsnehmer einmal jährlich zugestellt.
Verstirbt die versicherte Person, muss der Versicherer schnellstmöglich informiert werden. Dabei reicht es formal zunächst aus, die Gesellschaft telefonisch in Kenntnis zu setzen. Alle wichtigen Unterlagen können später nachgereicht werden.
Für die Auszahlung müssen die Sterbeurkunde und der Versicherungsschein im Original eingereicht werden. Liegt die Police nicht mehr vor, benötigt der Versicherer eine Verlusterklärung. Es ist ratsam, Unterlagen immer per Einschreiben zu versenden.
Wird die Lebensversicherung im Rahmen der Erbschaft ausgezahlt, benötigen die Erben einen Erbschein. Dieser kann über einen Notar oder beim zuständigen Nachlassgericht beantragt werden. Dabei fallen Gebühren abhängig vom Vermögen des Verstorbenen an.
Im letzten Schritt prüft ein Gutachter die Unterlagen. Wenn kein Zweifel an einem natürlichen oder durch einen Unfall hervorgerufenen Tod des Versicherten besteht, erfolgt die Auszahlung. Es kann zu Verzögerungen kommen, wenn die Todesursache noch nicht geklärt ist.
Probleme treten auf, wenn im Rahmen der Prüfung festgestellt wird, dass Falschangaben bei den Gesundheitsfragen gemacht wurden. Stehen die Fehlinformationen kausal im Zusammenhang mit dem Todesfall, kann eine Leistung durch den Versicherer verweigert werden.
Eine Lebensversicherung wird ins Erbe eingebracht, wenn kein Begünstigter für den Todesfall genannt wurde oder wenn keine Konkretisierung erfolgte und pauschal „die Erben“ im Bezugsrecht hinterlegt sind.
Wer die Auszahlung seiner Lebensversicherung an seine gesetzlichen oder testamentarischen Erben wünscht, muss also kein Bezugsrecht angeben. Soll jedoch eine bestimmte Person die Leistung erhalten, wird diese als Begünstigte hinterlegt. Die Auszahlung fällt dann nicht unter die Erbmasse, da es sich um eine Leistung zugunsten Dritter (Paragraf 328 Bürgerliches Gesetzbuch) handelt.
Fällt eine Lebensversicherung unter die Erbmasse, wird sie nach Paragraf 160 Absatz 2 Versicherungsvertragsgesetz unter den Erben entsprechend dem Verhältnis ihrer Erbteile aufgeteilt.
Auszahlung nur bei Todesfall der versicherten Person
Versicherungsnehmer und Versicherter müssen nicht zwangsweise dieselbe Person sein. So ist es möglich, dass bspw. die Ehefrau Versicherungsnehmer und der Ehemann Versicherter ist. Die Leistung wird erst fällig, wenn die versicherte Person verstirbt. In diesem Beispiel der Ehegatte.
Sollte der Versicherungsnehmer zuerst versterben, fällt die Lebensversicherung wie ein Sparvertrag in den Nachlass. Es erfolgt keine Auszahlung, da der Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist. Erst wenn die versicherte Person verstirbt, erhalten die Erben die Versicherungssumme.
Ist ein Erblasser verschuldet, wird die Erbschaft meist von seinen Hinterbliebenen ausgeschlagen. Dazu gehört auch das Vermögen, das durch die Auszahlung einer Lebensversicherung entsteht. Es gibt jedoch eine Besonderheit. Wurden im Vertrag „die Erben“ als bezugsberechtigt hinterlegt, hat die Ausschlagung einer Erbschaft keinen Einfluss auf die Leistung der Lebensversicherung. Denn Paragraf 160 Absatz 2 Versicherungsvertragsgesetz regelt, dass die Erben die Auszahlung auch dann erhalten, wenn sie das Erbe ablehnen.
Hin und wieder kommt es vor, dass in einer Lebensversicherung eine Person als begünstigt hinterlegt ist, die mit dem Versicherungsnehmer seit vielen Jahren nicht mehr im Kontakt steht. Zum Beispiel ein Ex-Partner. Möchten die Erben die Auszahlung der Versicherung an die bezugsberechtigte Person verhindern, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.
Rechtlich gesehen handelt es sich bei der Nennung eines Bezugsrechts um ein Schenkungsangebot – in diesem Fall die Schenkung der Todesfallleistung. Der Schenkungsvertrag gilt erst dann als geschlossen, wenn der Bezugsberechtigte die Schenkung angenommen hat und das Kapital ausgezahlt wurde. Solange dies noch nicht geschehen ist, können die Erben das Schenkungsangebot widerrufen. Geschieht der Widerruf rechtzeitig, erfolgt keine Auszahlung an die bezugsberechtigte Person und die Todesfallleistung fällt unter den Nachlass des Verstorbenen.
Da das Kapital aus einer Lebensversicherung ohne Bezugsrechtnennung dem Nachlass zugeordnet wird, fällt entsprechend Erbschaftssteuer an. Die Steuer wird auf das Gesamtvermögen des Erblassers angewandt. Dabei können sowohl Verwandte wie auch Nicht-Verwandte einen Freibetrag geltend machen. Erst bei Überschreitung dieses Betrages muss die Erbschaftssteuer entrichtet werden. Das Problem: Bei vermögenden Erblassern und Immobilienbesitzern kann der Freibetrag schnell überschritten sein.
Höhe des Freibetrags
Die Höhe des Freibetrags richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad. Umso näher die Verwandtschaft, desto höher ist der Freibetrag.
Erbe | Freibetrag |
Ehegatte und eingetragener Lebenspartner | 500.000 Euro |
Kinder, Stiefkinder und Adoptivkinder | 400.000 Euro |
Enkel | 200.000 Euro |
Geschwister, Nichten, Neffen, Schwiegereltern, Schwiegerkinder, geschiedene Ehegatten | 20.000 Euro |
Alle übrigen Personen | 20.000 Euro |
Eltern und Großeltern bei Steuerklasse I (Erbschaft) | 100.000 Euro |
Eltern und Großeltern bei Steuerklasse II (Schenkung) | 20.000 Euro |
Höhe der Erbschaftssteuer
Die Erbschaftssteuer fällt auf den Anteil an, der durch den Freibetrag überschritten wird. Die Höhe der Steuer richtet sich nach dem Vermögenswert und dem Verwandtschaftsgrad zwischen Beerbtem und Erbendem. Wie beim Freibetrag gilt bei der Steuerhöhe, je enger das Verwandtschaftsverhältnis, desto geringer ist die Steuer. Außerdem nimmt der Verwandtschaftsgrad Einfluss darauf, welcher Steuerklasse die Erbenden zugeordnet werden.
Ehegatten werden je nach Vermögenswert der Steuerklasse I zugeordnet. Die Besteuerung erfolgt mit sieben bis 30 Prozent. Geschwister, aber auch Nichten und Neffen werden in Steuerklasse II eingereiht. Für sie fällt ein Steuersatz zwischen 15 und 43 Prozent des Gesamtwerts an.
Beispiel
Erbschaft zwischen Ehegatten
Wert des Erbes: 300.000 Euro | Wert des Erbes: 800.000 Euro |
Freibetrag: 500.000 Euro Versorgungsfreibetrag 256.000,00 Euro Steuersatz: 7 Prozent Steuerpflichtiger Anteil: 0 Euro | Freibetrag: 500.000 Euro Versorgungsfreibetrag 256.000,00 Euro Steuersatz: 7 Prozent Steuerpflichtiger Anteil: 44.000 Euro |
Erbschaftssteuer: 0 Euro | Erbschaftssteuer: 3.080 Euro |
Erbschaft zwischen Eltern und Kinder
Wert des Erbes: 300.000 Euro | Wert des Erbes: 800.000 Euro |
Freibetrag: 400.000 Euro Versorgungsfreibetrag 0 Euro Steuersatz: 7 Prozent Steuerpflichtiger Anteil: 0 Euro | Freibetrag: 400.000 Euro Versorgungsfreibetrag 0 Euro Steuersatz: 15 Prozent Steuerpflichtiger Anteil: 400.000 Euro |
Erbschaftssteuer: 0 Euro | Erbschaftssteuer: 60.000 Euro |
Es gibt eine einfache und legale Möglichkeit, um die Erbschaftssteuer einer Lebensversicherung zu umgehen. Damit die Auszahlung steuerfrei bleibt, darf die versicherte Person nicht gleichzeitig Versicherungsnehmer sein. Stattdessen wird die Person, die das Kapital erhalten soll, Vertragspartner.
Angenommen, ein Ehemann möchte als Hauptverdiener seine Familie finanziell absichern. Dafür schließt nicht er eine Lebensversicherung ab, sondern seine Ehefrau. Sie wird Versicherungsnehmer des Vertrages und der Ehegatte die versicherte Person. Verstirbt der Mann, erhält die Frau eine Leistung aus ihrer eigenen Versicherung. Da es sich dabei nicht um eine Erbschaft handelt, fällt keine Erbschaftssteuer an.
War der Versicherungsnehmer zugleich versicherte Person, endet der Vertrag mit dessen Tod und die Auszahlung der Lebensversicherung erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt ist eine Änderung des Bezugsrechts nicht mehr möglich.
Stirbt der Versicherungsnehmer, der nicht versicherte Person war, können die Vertragsvereinbarungen einen neuen Versicherungsnehmer vorsehen. Sollte niemand benannt worden sein, werden die Erben des bisherigen Versicherungsnehmers neue Vertragsinhaber.
Eine Änderung des Begünstigten ist in beiden Fällen möglich, sofern es sich um ein widerrufliches Bezugsrecht handelt.
Widerrufliches Bezugsrecht | Unwiderrufliches Bezugsrecht |
Der Versicherungsnehmer kann das Bezugsrecht jederzeit ändern. Es Bedarf nicht der Zustimmung des aktuell Begünstigten. Dafür muss er dem Versicherer eine schriftliche Mitteilung zukommen lassen. | Eine Änderung des Bezugsrechts ist nur möglich, wenn der Begünstigte seine Zustimmung erteilt. Der Versicherungsnehmer kann nicht eigenständig agieren. |
Bei der Vermögensnachfolgeplanung wird festgelegt, wie das vorhandene Vermögen nach dem eigenen Ableben aufgeteilt wird. Dabei sollte auch eine vorhandene Lebensversicherung berücksichtigt werden. Um die Leistung an die Hinterbliebenen weiterzugeben, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Regelung erfolgt generell über die Bezugsrechtvereinbarung mit dem Versicherer.
Versicherte haben die Möglichkeit, eine Person als Leistungsempfänger zu bestimmen. Diese muss keinem Verwandtschaftsgrad unterliegen. Es besteht auch die Option, mehrere Begünstigte anzugeben. Dabei sollte vermerkt sein, welchen Anteil jeder Begünstigte erhält.
Wird im Bezugsrecht „die Erben“ genannt oder ist kein Begünstigter angegeben, erfolgt die Verteilung des Kapitals an die gesetzlichen oder im Testament hinterlegten Erbempfänger. Wir empfehlen, wenn keine direkte Person als bezugsberechtigt hinterlegt ist, „die Erben“ als Empfänger im Vertrag zu vermerken. So erfolgt die Auszahlung der Lebensversicherung auch dann, wenn das Erbe abgelehnt wird.
Im Rahmen der Vermögensnachfolgeplanung ist es ratsam, auch den Versicherungsschein an einem geeigneten Ort aufzubewahren und die Erben darüber in Kenntnis zu setzen. Denn die Police enthält nicht nur alle wichtigen Informationen, sie fungiert auch als Urkunde und muss bei Leistungsbezug eingereicht werden. Liegt der Versicherungsschein nicht vor, ist eine Verlusterklärung notwendig.
Unsere Experten von LVoptimal.de sind Ihnen gerne behilflich und beantworten alle Ihre Fragen rund um die Lebensversicherung und was Sie in Bezug auf eine Erbschaft beachten müssen. Buchen Sie jetzt hier einen Termin mit uns und lassen Sie sich beraten.